Bernhard und Hieronymus Pez sind nicht etwa Geschichtsforscher, die auch Mönche sind. Sie sind Geschichtsforscher, weil sie Mönche sind. Sie sehen ihre gelehrten Aktivitäten als Dienst an ihrem Kloster und Orden – den spezifischen Dienst, zu welchem in ihrer Gemeinschaft gerade sie berufen sind. Als Dienst am Orden argumentieren sie ihr Ansinnen auch in ihren Briefen gegenüber den Ordensbrüdern, die sie um Mitwirkung bitten; und vermutlich auch – wenngleich dafür Zeugnisse fehlen – vor ihrem Abt und dem eigenen Konvent.
Die Leistung des Historiker-Mönchs für sein Kloster ist eine mehrfache. Nach innen ist die Vergegenwärtigung der Ursprünge und Geschichte der Kommunität ein zentrales Element für deren Identitätsstiftung; das Gedächtnis der eigenen Vergangenheit und der verstorbenen Mitbrüder wird im liturgischen Leben der Gemeinschaft ohne Unterlass begangen. Hierzu liefern Arbeiten in Archiv und Bibliothek Grundlagen, die den neuen Ansprüchen der Zeit auf kritisch geprüfte Wahrhaftigkeit genügen. Nach außen führt der Klostergeschichtsschreiber den Nachweis des Alters und der Privilegien seines Hauses, vor allem durch die Publikation und den Echtheitsnachweis der Urkunden. Damit wird der Rechtsbestand gesichert und das Ansehen des Klosters untermauert.
Jenseits der hausgeschichtlichen Aufgaben, die in Melk hauptsächlich nicht von den Brüdern Pez, sondern von Anselm Schramb und Philibert Hueber erfüllt werden, leistet eine breiter gefasste Ordensgeschichte einen Beitrag zur Erneuerung des Mönchslebens nach dem Vorbild früherer Jahrhunderte. Sie ist „als Geschichte betriebene Theologie“. In Melk ist es besonders die von dort ausgegangene Reformbewegung des 15. Jahrhunderts, auf die zurückgegriffen werden kann.
Im Vergleich zum weltlichen Gelehrten genießt der Mönch einige Vorteile; nicht der geringste davon ist, frei von Existenzsorgen leben und arbeiten zu können. Auch der Zugang zu einer Bibliothek – oft mit reichem Handschriftenbestand – und die Nutzung der vielfältigen Kommunikationsnetzwerke zwischen den Klöstern sind zu nennen.
Die Verbindung von Gelehrsamkeit und Mönchtum ist allerdings nicht unproblematisch. Die Bescheidenheit, die vom Mönch erwartet wird, ist mit dem Streben des Gelehrten nach der Anerkennung seiner Leistungen nicht leicht zur Deckung zu bringen. Der Tagesablauf im Kloster ist durch Chorgebet, Essens- und Nachtruhezeiten streng geregelt; nachhaltige gelehrte Arbeit erfordert oft eine teilweise Dispensierung davon. Kontakte mit der Außenwelt bedürfen der Genehmigung der Oberen; dies gilt nicht nur etwa für Forschungsreisen, sondern jeder Brief muss durch die Hände des Priors gehen. Ohne das Wohlwollen der Superioren ist die gelehrte Tätigkeit mithin unmöglich – wie sich an der (freilich nur vorübergehenden) Unterbrechung des Briefwechsels von Bernhard Pez zeigt, die 1721 durch seine Beteiligung am „Aufstand“ gegen Abt Dietmayr und daraus folgende Ungnade erfolgte.